Andrés Barreda: Der Plan Puebla-Panamá in Mexiko

    "Der Plan Puebla-Panama ähnelt mehr einem porfiristischen Projekt [Anm.: der ehemalige Diktator Mexikos hieß Porfirio Díaz, daher "porfiristisch"] als einer wirklichen Antwort, um das Ungleichgewicht zwischen dem Norden und dem Süden des Landes auszugleichen.

    Hinter dem foxistischen Projekt [Präsident von 2000-2006 Vicente Fox] verbirgt sich die Absicht, den Südosten in eine Plantage tropischer Produkte zu verwandeln; der Errichtung einer Abfangmauer, um mittels Maquilas die Migrationsströme zu regulieren; der Privatisierung von Wasser und Energiequellen und der Ausbeutung des größten Reichtums der Region, der Biodiversität, für die Genmanipulation.

    Seit seiner öffentlichen Präsentation wurde das ehrgeizigste Unternehmen der Regierung von einigen ihrer augenscheinlichen Nutznießer, unter ihnen die Zapitisten, angefochten. 'Es wird keinen Plan und auch niemandes Projekt mehr geben, in das wir nicht einbezogen sind', war die durch Subcomandante Marcos übermittelte Botschaft am 26. Februar[2001] an die in Cancun versammelte Elite. Die offizielle Reaktion auf die Armut des mexikanischen Südostens zu sein, hat das Programm weder bekannter noch beliebter gemacht.

    Der Analytiker Andrés Barreda macht darauf aufmerksam, daß es kompliziert ist, einen exakten Überblick des Planes zu geben, da kein abgeschlossenes, vollständiges Dokument seitens der Regierung vorliegt, eine Tatsache, die man bis hin zu Florencio Salazar, dem Koordinatoren des PPP, erkannt hat. Als Referenz existiert eine Reihe von Dokumenten, unter ihnen "Auch der Süden existiert", u.a. ausgearbeitet vom heutigen Leiter des Mexikanischen Instituts für Sozialversicherung, Santiago Levy.Diese Arbeit kritisiert die ungleiche Entwicklung, die derzeit im Lande vonstatten geht und schreibt sie dem zentralistischen Eingreifen des mexikanischen Staates zu, das ein freies Funktionieren der Gesetze des Marktes nicht zuläßt. Weil diese Gesetze nicht griffen, kamen vergleichbare Vorteile einer jeden Region nicht zur Wirkung. Das ist seine Erklärung dafür, weshalb der Südosten so weit zurückgeblieben ist. Die Diagnose ist kein Problem, stimmt der Doktor für Ökonomische Geographie zu. Der Konflikt beginnt bei den vorgeschlagenen Lösungen zur Überwindung dieser Marginalisierung. Wenn man davon redet, daß die Gesetze des Marktes wirken müssen, bezieht sich dies auf den internationalen Markt, auf die Unterordnung unter den Reproduktionszyklus der Arbeitskraft der Vereinigten Staaten. Und wenn das Dokument z.B. erwähnt, daß der Süden sich unter bestimmten Perspektiven entwickeln müsse, so ähneln diese sehr der porfiristischen Idee, den Südosten in eine Region des Agrarexportes umzuwandeln.

    Benachteiligung der Landwirte

    Er weist nach, daß in den letzten Regierungsperioden (je 6 Jahre) die Landwirte im Zentrum und im Norden des Landes benachteiligt worden seien, vorsätzlich die mexikanische Getreideproduktion demontierend, um die Landwirtschaft in den internationalen Zyklus einzubinden, in dem der Osten der Vereinigten Staaten das landwirtschaftliche Zentrum der Hemisphäre ist. In diesem Schema wird es dem mexikanischen Südosten zukommen, tropische Produkte zu verkaufen - u.a. Mamey, Mango und Banane- und sich in ein Treibhaus der Genmanipulation zu verwandeln.Der Universitätslehrer verweist auf die Biodiversität als den größten Reichtum der Region und diese erkläre das Interesse der Gruppe Pulsar des Unternehmers Alfonso Romo für Chiapas. Sein Unternehmen ist mit mehr als hundert Büros in der ganzen Welt eines der weltweit führenden im Umgang mit Fruchtsamen und genetisch verändertem Gemüse -und sei es nur, um das Ziel der Züchtung einer Gurke zu erreichen, die den Durchmesser eines Hamburgers hat oder um die Maisproduktion zu steigern. Er verweist auf Kulturen der Zukunft, einen auf Englisch für das Unternehmen herausgegebenen Text, um das Interesse für den Südosten nachzuvollziehen. Hier äußert man sich zu Chiapas als einer Region 'der Herkunft'. So bezeichnen die Biologen Orte, in denen es möglich ist, Arten zu finden, die zwischen den heutigen Pflanzen liegen und die notwendig sind, um die durch Mißbrauch von Düngemitteln und Pestiziden schwerkranke weltweite Landwirtschaft neu zu beleben.
    Das Paradies für Unternehmen, die im Bereich der Gentochnologie arbeiten.

    Die tropischen Wälder von Chiapas, die Gebirge und sumpfigen Tiefländer - wo für den Norden der USA und für den Amazonas typische Ökosysteme nebeneinander existieren- sind eine Quelle des Reichtums, die viele anzieht. Außerdem, argumentiert Barreda, durchzieht der Gürtel der Korallenriffe diese Region; dies ist wichtig, weil in Bezug auf die Biodiversität die Korallenriffe im Meer das sind, was die tropischen Wälder auf dem Lande sind. Als ob es damit nicht schon genug wäre, konzentriert diese Zone etwa 30 Prozent der Wasservorräte des Landes und es ist absehbar, daß sich als Folge des Prozesses der weltweiten Desertifikation ein noch größerer Anteil der Regenniederschläge hier konzentriert, und zwar von bis zu 60 Prozent in den nächsten Jahren.

    Trotz des Paradoxons, der Ort zu sein, wo der meiste Regen fällt und fallen wird, sehen die Karten, die der Text von Santiago Levy präsentiert, die Einführung von Bewässerungssystemen vor. 'Ich nehme an, daß diese für Treibhäuser vorgesehen sind', -so der Forscher- denn Alfonso Romo hat vor vier Jahren davon gesprochen, eintausend davon für genmanipulierte Kulturen zu installieren. Beiläufig erinnert er daran, daß der größte Erfolg der Betriebe von Pulsar, die schon in Tapachula arbeiten, die Produktion von Gurken mit dem Durchmesser eines Hamburgers sei. 'Sicherlich wird Vicente Fox auf diese Weise das Hungerproblem lösen'. Vor dem Hintergrund der internationalen Wasserkrise sei dieses Element zu einem fundamentalen geworden, für Landwirtschaft und Energiegewinnung gleichermaßen.

    Tatsächlich schließt der Plan verschiedene Projekte ein, wie die Talsperre Boca del Cerro -ein Traum der CFE [Bundeskommission für Elektrizität] seit 1986-, deren Bau die Überflutung von archäologischen Ruinen und die Zerstörung der Umwelt in einem prioritären Schutzgebiet nach sich ziehen würde, wie in Ocosingo, an der Grenze zu El Petén..

    Ein anderer Aspekt, der sich aus dem Plan ableiten läßt, ist die Regulierung der Einwanderungsströme mit Hilfe der Korridore von Maquilas. 'Im Land haben wir, gefolgt von Südkorea, den größten Migrationsstrom der Welt. So gibt es allein in den Vereinigten Staaten 20 Mill. Mexikaner, 10 Mill. aus jüngerer Zeit und nocheinmal die gleiche Anzahl dort Geborener. Es genügt, den Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Standort zu betrachten: ein Bundesstaat der Republik, Oaxaca, hat drei Millionen Migranten. Wir befinden uns inmitten eines gewaltigen Stromes.' Aber es sind nicht nur Mexikaner auf der Suche nach besseren Lebensperspektiven in den USA. Das Territorium wird auch von Leuten anderer Nationalitäten durchquert, vor allem von Latinos, die es als Zubringerstraße zum Nachbarland betrachten. In letzter Zeit kommen sogar Chinesen hier durch. Daher ist ein Ziel der Maquila-Korridore das, sie zu einem Abwehrdamm zu machen. Dies entspricht nicht so sehr den Bedürfnissen dieses Landes, sondern den Interessen der Drittländer.

    Andererseits fördert die Maquila die Verdrängung der Bauern von ihrem Land, um sie zu Arbeitern zu machen. Die verlassenen Parzellen gestatten eine Neustrukturierung der ländlichen Wirtschaft im Sinne der Ankurbelung von Agrarexport-Projekten.'Der Plan Puebla-Panama bedeutet nicht nur Billiglohnfabriken, Nutzung strategischer Ressourcen, sondern die Kontrolle der Migrationsströme und interozeanischen Verkehr. Was letzteren betrifft, so wird voraussichtlich der Panama-Kanal in den nächsten Jahren überlastet sein und man wird nach Alternativen suchen müssen, vor allem, da das weltweite Wirtschaftszentrum sich nach Asien verlagert hat; auf diese Weise werden das Südchinesische Meer und die Karibik sich in die meist befahrenen der Welt verwandeln...' "

    (La Jornada, 23. April 2001, Übersetzung: Patricia Mellmann)


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